Montag, 20. Juni 2016
Mir fehlt(e) was
Mir fehlt was und das seid ihr.
Mir fehlt was und das seid ihr, aber nicht so wie ihr seid, sondern so wie ihr hättet sein sollen.

Ihr fehlt mir, aber nicht ihr, wie ihr seid, sondern ihr, wie ich euch gebraucht hätte.
Ihr fehlt mir, aber nicht ihr, wie ihr seid, sondern ihr, wie ich euch jetzt brauche.

Doch so seid ihr nicht.
Warum seid ihr so nicht?

Mir fehlt da was, das sich Familie nennt.
Das sich Familie nennt, allerdings nicht aus dem bloßen Grund der gegenseitigen Verwandtschaft, sondern aus derem, was Familie ausmacht.

Mir fehlt da was und das seid ihr, wenn ihr das wärt, was ich mir so sehr wünsche.

Ich wünsche mir, dass wir ein Team sind, dass ich mit euch größer bin als ich es jemals alleine sein könnte.
Ich wünsche mir, dass es mir vorkommt, als würde mit euch die Zeit viel schneller vergehen, wenn wir sie gemeinsam verbringen,
dass Pizza mit euch noch besser schmeckt, dass Filme mit euch noch lustiger oder spannender sind.
Ich wünsch mir eure Nähe in Momenten, in denen ich mich alleine fühle und eure Nähe, euer Verständnis brauche und ich wünsch mir eure Distanz, wenn ich nicht will, dass ihr mir über die Schulter schaut, mir zu nah kommt und in meine Privatsphäre eindringen wollt.
Ich wünsch mir einen sicheren Hafen in euch, eine Anlegestelle, zu der ich kommen kann, wann ich will, wo ich meine Lasten ablegen kann, unverblümt und ungehindert sprechen kann, euch alles anvertraue was mich beschäftigt.

Ich möchte vor euch keine Angst haben müssen, möchte meine Gedanken nicht vor euch verstecken müssen, möchte mit euch streiten können, gemeinsam herzhaft lachen können, euch meine Interessen verraten und sie mit euch teilen können.

Möchte euch meine Welt erklären und wünsch mir, dass ihr euch darauf einlassen könntet.
Dass ihr echtes, wahres Interesse an meiner Person, meinem Inneren, meinen absurdesten Gedanken, meiner Verletzlichkeit, meiner Empfindsamkeit, meinen Ängsten aber auch meinen Freuden habt.

Ich will, dass ihr wisst was ich will, wie ich mir meine Zukunft vorstelle. Ich will, dass ihr wisst wie einsam ich mich oft fühle, dass ihr wisst wer und was mir wichtig ist und was nicht und dass ihr meinen Charakter kennenlernt und ihn zu schätzen lernt.
Sowie meine Stärken und meine Schwächen, ich wünsch mir, dass ihr mich besser kennt.

Ich will, dass ihr mal nach meiner Meinung fragt, dass ihr mich nicht umgeht oder denkt, dass ich nichts zu sagen habe.
Ich will, dass ihr nach meinem Weltbild fragt, nach meiner Toleranz und meiner Schmerzgrenze.
Ich will, dass ihr die Größe meiner Hürden kennenlernt, die Kraft der Windmühlen, gegen die ich kämpfe. Ich wünsch mir, dass ihr meine Kraft zu spüren bekommt, damit ihr seht wie viel davon in mir steckt.
Ich wünsch mir, dass ihr mal durch meine Augen sehen könntet, ich wünsch mir, dass ihr mich unterstützen wollt in jeglicher Lebenslage.

Ich wünsch mir, dass ihr eure Masken abnimmt, dass ihr ehrlich zu mir seid, das falsche Lachen ablegt und unbegründete Vorwürfe nicht mehr über eure Lippen kommen. Das ihr ab und zu etwas mehr Nachsicht mit mir habt, wenn ich nicht kann, wie ich will oder wie ihr wollt.

Ich wünsch mir, dass ihr wenigstens versucht mich zu verstehen, dass ihr euch informiert, dass es euch keine Last ist genug Geduld für mich aufzubringen. Ich wünsch mir, dass ihr mir das Gefühl von mehr Freiheit gebt, dass ihr mich in meinem Tun und Denken nicht einschränken wollt.

Oh bitte gebt mir Flügel in die eine und Wurzeln in die andere Hand.
Lasst mich gehen und wiederkommen wann ich will. Seit immer bereit euch mit mir auseinanderzusetzen, lasst mich reden, wenn ich was zu sagen habe und lasst mich schweigen, wenn ich keine Worte finde.
Zwingt mir Nichts auf und zwingt mir Nichts ein.
Seid nicht ignorant, seid mir ein Halt in meiner Haltlosigkeit, seid mir eine Stütze beim Entscheiden, gebt mir einen Rat, wenn ich dannach frage.

Mir fehlt was...mir fehlt, dass ihr euch Mühe gebt, wenns darum geht mir eine Freude zu bereiten, mir fehlt, dass mir der Duft von Heimat nicht fehlt, wenn ich woanders bin.
Mir fehlt das Gefühl, dass ich euch mindestens genau so viel bedeute wie ihr mir.
Mir fehlt dieser Funken, mir fehlt es Stolz in euren Augen zu sehen, mir fehlt eine herzliche Umarmung, mir fehlt gemeinsames Lachen und Weinen, mir fehlt Gemütlichkeit, mir fehlt Wärme bei euch, mir fehlt es gerne nach Hause zu kommen, mir fehlt Geborgenheit.
Ihr fehlt mir. Ihr fehlt mir, allerdings nicht wie ihr seid, sondern wie ich euch gebraucht hätte und immer noch brauche.

Ihr seid mein Ursprung, mein Zuhause, mein Gesicht ist aus euren geschnitzt, doch ich bin nicht euer Besitz.
Gebt mir einen Kompass, gebt mir eine Richtung, doch ärgert euch nicht, wenn ich eine andere wähle. Seid nicht so engstirnig, seid offen für die Welt, offen für Neues und offen für mich.
Ihr kommt mir manchmal vor wie hängengeblieben im letzten Jahrhundert, lasst euch doch auf Diskussionen ein, seid doch nicht so vollgepackt mit Vorurteilen und verurteilt nicht bevor ihr nicht kennengelernt habt.
Ich hätte euch so Vieles zu sagen, ich würd euch so gerne so Vieles beibringen, doch ich wage es nicht zu tun aus Respekt, aus Angst oder vielleicht, weil das doch euer Job gewesen wäre, mir ein Weltbild zu vermitteln, dass offen ist, dabei trotzdem vorsichtig zu sein, meine ganzen Fragen nach dem Sinn so zu beantworten, dass ich mir letztendlich aussuchen könnte, an was oder wen ich glauben möchte und für mich annehmen möchte.
Ich hätte mir gewünscht, dass ihr mir sagt "es liegt nicht an deiner Weltansicht, sondern an der Welt an sich" wenn ich nach dem Warum gefragt hätte oder den Fragen nach Schuld.


Gebt mir das Gefühl, dass ihr mir vertraut, nur so kann auch ich euch vertrauen.
Seid nicht so festgefahren in eurem Glauben, akzeptiert andere Meinungen, Gewohnheiten, und Spiritualitäten.
Mir fehlt manchmal eure Toleranz, mir fehlt eure Menschlichkeit, euren Glauben an das Gute im Leben und an das Gute in mir.
Mir fehlt der Satz "Du kannst Alles schaffen". Mir fehlt Ermutigung, mir fehlt ein "Entschuldigung" mir fehlt ein "Wir sind stolz auf dich" und ein "Wir haben dich lieb".
Mir fehlt eure Ehrlichkeit, mir fehlen eure ausgesprochenen Sorgen um mich.
Es fehlt mir an Loyalität zwischen uns und einer gemeinsamen Maxime.
Mir fehlen tiefe Gespräche mit euch, mir fehlen Antworten auf Fragen die ich fragte und mir fehlen Fragen, die ich mich nicht zu fragen wagte.
Mir fehlen eure Fragen nach meinem Tag, eure Fragen nach meinem Freundeskreis, euer Interesse an meinen Interessen.


Mir fehlte eure Erlaubnis, mir fehlten gemeinsame Essenszeiten, mir fehlte das Gefühl für euch immer gut genug zu sein, auch wenn ich in etwas grottenschlecht war und zutiefst ungenügend, hätt ich nicht für euch dennoch immer genug sein müssen?
Mir fehlt euer Zuspruch und euer tiefes Vertrauen in mich.
Mir fehlten gemeinsame Ausflüge, die Spaß machten, nicht aufgezwungen waren, bei denen man nicht still sein musste, Kind sein durfte.
Mir fehlte es laut sein zu dürfen, mir fehlte es ungehorsam zu sein, mir fehlte es zu provozieren, die Grenzen auszutesten, mir fehlte es oft angstfrei sein zu können. Mir fehlte es Schwäche zu zeigen, Schmerzen zuzugeben, weinen zu können vor euch. Es fehlte mir euch anzuschreien, Türen zu knallen und auszurasten, mich mit euch anzulegen, zu rebellieren gegen euch.
Mir fehlte es mich auszuprobieren, mich zu entfalten, mir fehlte eure Fairness, eure Gerechtigkeit, mir fehlte eure Einigung untereinander, mir fehlte eure Gemeinsamkeit, euer Zusammenhalt, unser Zusammenhalt.
Mir fehlte einer links und einer rechts und ich fehlte mir in eurer Mitte.

Ich hab euch nie verstanden, hab nie verstanden warum ich nicht durfte, warum ich dies sollte und das musste, warum ich immer gefallen wollte.
Ich wollte fleißig sein für euch, wollte gut sein für euch, wollte richtig sein, pünktlich sein, schön sein. Ich war gierig nach eurem Lob, sodass ich mich und meinen Willen dabei vergessen habe. Ich hab einiges geopfert um euch besser zu entsprechen.
Ihr habt mich meiner Selbst beraubt.

Ich hab mich für euch geschämt, ihr wart mir unangenehm, ich hab euch verglichen mit anderen und festgestellt, dass ihr anders seid und festgestellt, dass mir was fehlt, was andere scheinbar haben.


Ja mir fehlte was, mir fehlt was und das seid ihr.
Ihr fehlt mir, allerdings nicht wie ihr seid, sondern wie ich euch gebraucht hätte und euch immernoch brauche.


Mir fehlt was. Mir fehlt mein sicherer Hafen, eure Hand in meinem Rücken, eure Hand auf meiner Schulter.
Mir fehlt manchmal die Angst euch zu verlieren.
Mir fehlt, dass ihr mir beim Suchen helft, wenn ich mich wieder mal verlier, mir fehlt euer ehrliches echtes Lachen, welches auf mich abfärbt, mir fehlt eine herzliche Umarmung, ein Kuss auf die Stirn. Mir fehlt euer Glaube an mich, mir fehlt die Fähigkeit vor euch Gefühle zu zeigen und die Fähigkeit meine Stimme gegen euch zu erheben.

Ich wünsch mir für die nächsten Jahre noch viele schöne Tage für euch. Ich wünsch euch Gesundheit im Alter und das es euch an nichts fehlen mag.
Ich kann euch viel vorwerfen, aber genauso viel kann ich auch verzeihen.
Denn ihr seid trotz allem, Alles was ich hab, ihr seid mein Ursprung, meine Familie, mein Gesicht ist aus euren geschnitzt. Ich bin die Schnittmenge eurer seltsamen Verbundenheit. Ihr seid zwar keine Vorbilder, keine Helden für mich und auch kein Beweis dafür, dass Liebe über alles geht, aber ich will versuchen da zu sein, solltet ihr mich mal brauchen, ich will helfen, wenn ihr mich darum bittet, ich will stützen, wenn ihr eine Stütze braucht, ich will nicht schlecht von euch reden, will nicht verurteilen, denn ich steckte nie in eurer Haut.
Ich hätte es mir nur gerne anders gewünscht, für mich und für euch hätt ich mir so Vieles gerne anders gewünscht.
Mir fehlt vorallem diese tiefe Verwurzelung in euch, und die Gewissheit, dass ihr mir immer Glauben und Vertrauen entgegenbringt und schenken werdet, dass ihr immer da seid, dass ihr seht, wenns mir schlecht geht und mich aushält, wenn ich es mal nicht kann. Dass ihr mich tröstet, während ich einfach ohne nachzudenken erzählen kann, was mich beschäftigt oder was mir weh tut.
All das fehlt mir und das ist leider nicht wiederherstellbar.

Mir fehlte was.
Mir fehlt was und das seid ihr, allerdings nicht so wie ihr seid, sondern so wie ich euch gebraucht hätte und immernoch brauche.
Ich fehle mir in eurer Mitte.