Mittwoch, 19. Oktober 2016
Müde
An mir ziehn abgefuckte Tage vorbei.
Ich leg all meinen Schmutz an den Straßenrand, bevor er mich zu Boden reißt.
Kann den Himmel, die Sterne und das Wasser leicht verschwommen schon vor mir sehn.

Ich hör Musik aus der Nachbarswohnung, so ne ruhige, schöne sanfte, die einen zum Nachdenken bringt, als würd ich das nicht schon genug tun.
Ich sitz im Treppenhaus, bin eigentlich auf dem Sprung, weiß nur noch nicht wohin.

Meine Haare riechen nach Zitrone an diesem Mittwochvormittag im Treppenhaus mit den vanillefarbenen Wänden und den marmorierten Treppen.

Heute dreht sie durch mit mir, die Fantasie,
ich gerate in eine Art Manie.

Ich fühl mich schwach, wenn ich dich seh,
weil ich denk, dass ich unter dir steh.
Doch genau das ist es, was mich an dir reizt
und deine Art, diese eloquente Strenge
nimmt mich in die Fänge.

Manchmal wird mir schmerzhaft bewusst,
dass ich so werde, wie meine Eltern sind, mehr als ich jemals werden wollte.
Ja, vielleicht lässt sich das auch nie ganz verhindern, dass man immer etwas von den Menschen übernimmt, die einem am nächsten waren.
Niemand hat mich so geprägt wie die Beiden.
Das ich mal werd wie sie, lässt sich kaum vermeiden. Aber ich werde mich mit allem was ich bin und hab dagegen wehren, weil ich das nicht will.

Keiner hier spricht meine Sprache.
Ich bin einbetoniert in meiner Abhängigkeit zu ihnen. „Lasst mich gehn!
Lasst mich los.“

I'm sorry, but I dont wanna have a mother who doesn't take care of me.

Ich häng an Menschen, die ich schon seit meiner Geburt kenn, doch an deren Gegenwart ich mich immer wieder vebrenn.
Ich verlauf mich auf zu oft gegangenen Wegen.
Und ich häng auch an dir, ich will das du bleibst für immer und hier.
Ich werde dir folgen, denn ich war immer nur ein Anhängsel, dass einen Führer braucht und das bin ich noch immer. Zu schwach um alleine was zu reißen.
Ein Glüchwürmchen, zu schwach um aus sich selbst heraus zu leuchten.
Und du bist meine Sonne, bist mein Vulkan, doch ich werd mich nicht an dir verbrennen, weil du mich umgibst wie ein schützendes Vakuum, eine Heilsalbe, feuerfest und hitzebeständig mit Lichtschutzfaktor unendlich,
tust so als wärs ganz selbstverständlich.

Ich weiß, mein Kopf ist eine Achterbahn mit achtschraubig, übereinanderliegenden Loopings und meine Synapsen sind nicht angeschnallt, fliegen im luftleeren Raum.
Die Erdanziehungskraft tritt außer Takt.

Ich will nicht mehr an Unbeständigkeiten glauben müssen, will lieber mit dir mitschwimmen, in deinen mitreißenden, heilenden Flüssen.


Ich glaub ich kann nicht mehr.
und obwohl ich mich dir gegenüber ganz offen ausdrück,
kommt heute kaum ein Wort von dir zurück
Ich glaub ich spinne
Ich glaub ich zerrinne
Ich glaub ich gewinne- Nicht.

Ich fühle mich müde vom Leben,
nachdenkend im Treppenhaus an diesem Mittwochvormittag.

Aber hab keine Angst um mich, ich schaff es wieder auf die Beine.
Ich laufe los, aus der Tür raus, bin auf dem Sprung, auch wenn ich noch nicht weiß wohin.



Haus aus Glas
Ich bin gefangen in meinem Haus aus Glas.

Hier drin ist es eiskalt und windig, ich kann die Welt da draußen sehn, aber sie mich nicht.
Hier ist es schalldicht, egal wie laut ich auch schreie, Niemand da draußen wird mich je hören können.
Ich muss mich selbst befreien.

Nur sehr wenige Menschen hören mein lautes Gebrüll, doch nehmen es wahr als einen leisen Piepton, der ab und zu mal im Ohr juckt.
Auf diese Menschen muss ich baun,
in sie setz ich mein Vertraun.

Ich bin der Fettfleck auf deiner Linse,
du wischt mich einfach weg.

Ich versuchte zunächst vergeblich zu verschwinden, damit vielleicht Jemand merkt, dass da vorher mal was war, was jetzt nicht mehr da ist.
Doch ganz ehrlich, wem fällt schon auf, wenn ein leises Piepsen plötzlich erlischt, und wer geht dann noch dessen Entstehung nach?

Also muss ich lauter werden, ich muss mir Türme bauen und an der Glaskuppel kratzen, ich muss schriller Brüllen, strampeln und klopfen, bis ich laut genug bin.

Mir wird schwindelig und schlecht und ich keuche vor Anstrengung.
Der Wind blässt mir ins Gesicht, ich bekomme kaum noch Luft.
Noch bin ich hier drin, doch du wirst sehn, bald werd ich vor dir stehn.

Und wenn ich dann da draußen bin,
sagst du zu mir, „Siehst du, das war doch Alles garnicht echt und du bist garnicht so schlecht".

Was du damit meinst, werd ich nicht sofort verstehen, denn ich muss erst heilen und erst wachsen, ich hab noch Scherben in meiner Haut vom Ausbruch , meine Wunden sind noch frisch und bluten, ich bin erschöpft.

Doch ich bin hungrig nach Leben.
Ich bedauer Nichts.
Lass mich nur nochmal kurz nach Luft schnappen,
es wird schon klappen,
die Sache mit der Heilung, dem Mut und der Suche nach der eigenen Wahrheit.

Ich weiß, es braucht Zeit man selbst zu sein, ohne sich selbst zu verlieren.
Aufzustehen ohne Hinzufalln.

Ich werd mich wieder und wieder eingesperrt fühlen wie hinter Glas.
Werd des öfteren noch am Abgrund stehen
und dabei todessehnsüchtig nach unten sehn.

Ich bin oft blind fürs Leben, frag mich zu oft woher ich kam und wohin ich geh.
Alles ist miteinander verstrickt und dennoch nicht verbunden.
Zu oft will ich liegen bleiben, weil es so schwer ist, zu begreifen.
Wo führt es mich hin?
Zurück in Gefangenschaft oder hinaus in die Freiheit mit dem Duft von Salz in der Luft?

Ich will manchmal so viel mehr, hab Träume , Pläne und Ziele, aber dann auch wieder nicht.
Alles ist ein Geben und Nehmen.
Niemand gibt mir Garantien und manche Gedanken ertrag ich einfach nicht.
Ich hing Gestern schon im Jetzt und Jetzt häng ich wieder im Gestern.

Das Haus aus Glas, hab ich vielleicht durchbrochen, doch zu oft sehn ich mich dorthin zurück.
Warum sind wir so zerissen, so zerfressen besessen vom Bestehen wollen in dem großen Ganzen?
Davon Alles mit dem Verstand und der Venunft begreifen zu wollen, was nichtmal annähernd greifbar ist.

Die Welt ist fließend und schwammig, wir kippen vorne über und fallen zurück, schaun in den Sternenhimmel, empfinden Glück und wollen dennoch von den Klippen springen, ins Ungewisse.
Weil es vielleicht doch mehr schmerzt als gut tut?

Schönheit ist berauschend und vergänglich, natürlich und bedränglich.
Ach, ich wünschte, ich könnte verstehen, nur ein einziges Wort von mir.
Ich wünschte, ich könnte leben ganz real und ganz echt, weniger nur in Gedanken als vielmehr im echten Handeln und Tun.
Aber da ist zuviel Angst in mir geborgen.
Es stecken Scherben in mir, ich blute immer noch, keine meiner Wunden ist auch nur ansatzweise geheilt.
Lass mich hier einfach sitzen, ich komm schon klar.
Ich bin auch ohne etwas zu tun ein teil vom Tun.
Ich will in Stille verweilen und mich nicht beeilen.

Auch wer still steht,
kann lernen zu tanzen.

Und wer anfängt zu tanzen,
tanzt sich davon.

Ich bin nicht still
nur zu leise.

Ich hab sicher was zu sagen,
sowie an allen leisen Tagen.

Wenn du mich fragst, dann sag ich es dir vielleicht.

Haus aus Glas, wo ist deine Tür, durch die ich wieder eintreten darf? Hol mich hier wieder ab.
Heute ist einfach nicht mein Tag, doch das hab ich Gestern auch schon gesagt.