Mittwoch, 26. Oktober 2016
Schattenkinder
»Hör doch auf zu heulen, über all das Leid der Welt.«

Ich schein es zu spüren, als hätt ich all das selbst erlebt, dabei kann ich mit Sicherheit so manch tiefes Leiden nichtmal im Ansatz nachempfinden.
Doch ich frag mich, was macht es mit einem, wenn mein eigenes Leiden mich ja schon zu zerreissen scheint?
Ich kann mir kaum noch mehr Schmerz vorstellen, der sich ertragen lassen kann.
Es klingt tragisch, ist weiß.
Doch ich mag die Tragik manchmal genauso wie die Komik und besonders deren gemeinsames Spiel miteinander.

Aber was passiert mit Kinderseelen, die missbraucht werden?
Anstatt Liebe und Geborgenheit erfahren sie täglich Schläge, bekommen den Dreck ihrer Eltern ab, werden unterdrückt, gezwungen und verletzt?
Ihnen wird/wurde ihre Kindheit geklaut, ihre Farben werden entrissen und zurück bleibt ein schwarzes tiefes Loch, was nicht mehr aufgefüllt werden kann.
Ich habe das nicht oder höchstens im Ansatz erfahren, aber geb mich gern hinein in solch eine Schwärze, vielleicht um sie zu durchleuchten?
Oder weil ich mich gerne mit selbstzerstörerischen Themen beschäftige?

Warum lese ich sowas, warum fasziniert und verstört es mich gleichzeitig?
Ich hänge an Geschichten, die so voller Elend, Qual und purer Dürftigkeit zu sein scheinen.
Das Leben ist täglich die pure Hölle für so manche Menschen auf dieser Welt. Dennoch können sie drüberleben.

"Eine schwierige Kindheit ist wie ein unsichtbarer Feind: Man weiß nie wann er zuschlagen wird" (aus Vom Ende der Einsamkeit, Benedict Wells)

Und mein Leben? Was ist mit mir?
Ich weiß es nicht. Ich hab irgendwann aufgehört gut zu sein, ich bin verloren gegangen, ich hab die Einfachheit gegen Schwierigkeiten ausgetauscht, ich hab angefangen zu viel zu fühlen und zu viel darüber nachzudenken.
Ich verlaufe mich in mir selbst.
Ich beschäftige mich mit harten und schweren Themen, versuche dem Leben nichts mehr abzugewinnen und ihm zu entrinnen.
Will sterben aber lebe trotzdem weiter. Irgendwie...
Bin mir fremd, manchmal fühl ich mich apathisch und krank, bin blass und mir ist kalt.
Und ich weiß nicht, was mich manchmal noch hier hält,
weiß nicht was mir noch gefällt.
Ich steh im Dunkeln, such das Licht,
doch find den Schalter nicht.
Ich will leiden, weil es so leidenschaftlich ist.


»Ihm ists, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt" (aus der Panther, R.M. Rilke)


Sich selbst zu vergewaltigen ist doch bloß ein Bruchteil von der Härte, als wenn ein anderer es tun würde.
Ich lese all diese Bücher über Menschen, die Schreckliches erlebt haben.
Vielleicht um festzustellen, dass es anderen schlechter geht und sie trotzdem noch leben?
Um darin eine Art Trost zu finden?
Keine Ahnung.
Es ist schmerzhaft so etwas zu lesen, doch zu versinken, in des anderen Leid, lenkt immerhin von den eigenen Abgründen ab.

Die Welt ist eine Augenlandschaft, überall Augen in (fast)jedem Gesicht zwei Augen, die Fenster nach innen.
In allen Farben, in allen Tönen, große, kleine, müde, wache, schwache oder starke Augen.
Und so viele davon haben schon so Schlimmes gesehn, doch werden sich Tag für Tag immer wieder öffnen, um das Leben auch weiterhin noch wahrzunehmen.
Manchmal frag ich mich wie das geht, denn ich halte ja schon bei kleinen Unschönheiten meine Augen lieber geschlossen, als offen.

Niemand sonst könnte mir jemals das antun, was ich mir selbst antue.
Ich bin brutal zu mir und dafür ziemlich schwach im aushalten

»Sei nicht so schwach!
Hör auf zu essen, das macht garnix besser und hör auf zu frieren.
Niemand tut dir was, zitter doch nicht so.
Das machst alles nur du selbst und all der Schmerz entsteht nur in dir drin, Niemand bringt in da hinein, das bist alles du allein.

Helfen musst du dir schon selbst, das kann Niemand für dich tun!«

Ach lass mich doch heulen und schwach sein, lass mich doch frieren, mich erkälten.
Lass mich hier am Schreibtisch sitzen, lass mich essen, mich selbst auffressen, und lass mich mich übergeben.
Ich will mir diese fucking verletzbare und sensible Seele nicht nur aus dem Leib kotzen, ich will sie mir auch rausschreiben, ohne Rücksicht auf Verluste.
Ich will fühlen und davon gefühlstaub werden.

Ich bin Rilkes Panther, bin Hesses Steppenwolf, bin "the catcher in the rye".

Ich weiß, ich führe das hässliche und voller Leid geplagte Leben, einer Selbstmörderin.
Ich möchte sterben, lieber jetzt als gleich, doch ich zelebriere mein böses Leiden, möchte es zu Ende kosten, denn das allein ist es, woran ich letzendlich zu Grunde gehen möchte und muss.
Ich möchte mit müden Beinen weiterhin durch die von mir als elendig und schwer aushaltbar wahrgenommene Welt laufen, und mich davon ausgeschlossen wissen.

Ich bin blind vom sehen geworden und taub vom hören der Stimmen in und um mich herum.
Woher soll ich meine Kraft nehmen, wenn ich mich selbst in den Schatten stelle?
Ich lass es brennen in der Kälte des Schattens, verlier mich in der Ecke der Häuserwand.
Doch ich bin nicht die Einzige hier.
Und allein das ist schon beruhigend.
Ich bin nie allein kaputt, nie allein verrückt und nie allein im Schatten.
Ich werde nie alleine verschwinden, meine Fesseln sind noch ziemlich locker, nicht so fest wie ihre.
Meine Barrieren sind noch überwindbar, nicht so hoch wie seine.
Und ihre Bürden sind tausendmal übler als meine Traglasten.
Meine Schultern sind noch relativ breit
und mein Lachen ist noch in Sicherheit.

»Also sei realistisch und plane ein Wunder
dann wirst du vielleicht wieder gesunder. «

Der Schatten ist der unbeleuchtete Raum hinter einem beleuchteten Körper.
Wenn du erkennst, dass du im Schatten stehst, hast du aber auch erkannt, dass es das Licht gibt. Denn ohne Licht kein Schatten.

Und ab und zu ist auch schon das bloße Wissen darüber, das Sonne existiert ein bisschen beruhigend. Es kann zumindest ein Ansporn sein, irgendwann hinaustreten zu können, den Schalter oder die Tür doch noch mal zu finden.
Und so lange lass uns Schattenspiele kreieren und uns schöne Geschichten dazu ausdenken.

»Die Menschen drängen sich zum Lichte, nicht um besser zu sehen, sondern um besser zu glänzen.«
Friedrich Wilhelm Nietzsche

»Leben überhaupt heißt in Gefahr sein.«

Friedrich Wilhelm Nietzsche



Mittwoch, 26. Oktober 2016
Du weißt nicht, wie sich Stille anfühlt,
bis sie dich anbrüllt.


Lilly Lindner, Bevor ich falle



Mit Worten kann ich fliegen
Kein Tag vergeht
ohne meine Sprache.
Ohne das aus ihr etwas entsteht.

Ohne einen geschriebenen Satz,
aus meinem Wortschatz.
Eine kurze Notiz mit Apostroph
und mein Besuch auf dem Wörterfriedhof.

Ich schreibe autobiografisch, episch, poetisch
über meine inneren Anteile und deren Gemisch, so chemisch.

Doch manchmal, da ist nichts davon in sich stimmig,
dann find ich wenig davon sinnig,
so wie mich.

Manchmal bin ich mir selbst zu suspekt und abstrakt,
dann erschein ich mir wie ein versunkenes Wrak.
Aus lauter Einzelteilen, die sich nicht fügen lassen,
all diese Wörter können nicht zusammenpassen.

Manchmal verachte ich das Schreiben sogar,
empfinde es als machbar, dennoch undenkbar.

Ja, ich denke nonstop und viel zu viel.
Schreiben ist Selbsttherapie, es ist mein Ventil

Mit Worten kann ich fliegen.
Kann sie verschieben, verbiegen, mich an sie schmiegen
Ich such nach einem neuen Reim
versteckt, zunächst noch ganz geheim,
entdeck ich ihn und bleib dennoch allein.
Obwohl Reime doch verbinden,
bewahr ich mir mein einsames Befinden.

Und ich frag mich: Was geben mir all die Wörter, all die Sätze und die Texte?
Könnte das mein Nachlass sein?
Doch dafür erscheints mir viel zu unbedeutend klein.

Ich denk ja nie wirklich etwas Neues,
jeder Gedanke, der in mir entsteht
wurde mit Sicherheit schon von Vorangegangenen gewählt.
Alles wurde schon irgendwie und irgendwo mal dokumentiert und supplementiert.
Was bringt und wem nützt da mein Geschreibsel,
wird nie mehr sein, als ein lästiges Überbleibsel?

Ich bin müde vom fliegen,
kann ich denn durchs Schreiben wirklich siegen?

Ich schreib dir eine Endlosmail
doch anstatt zu lesen, bestellst du lieber bei E-bay

Deine erste Heimkino-Anlage
mit Bluray, Dvd, Tv und kostenloser Montage.
Für einsame Wochenendtage...
sagst du mir.

Wird lesen etwa out?
Lebt man Fantasien nur noch aus, während man sich Bildmaterial anschaut?

Ist lesen dir zu anstrengend, zu stressig,
chillst lieber auf der Couch ganz lässig
vor Netflix oder Rtl zur Prime Time, daheim?

Ach...worauf wollt ich jetzt hinaus?
Vielleicht bin ich bloß frustriert, durch mangelnden Applaus?

Denn ich denke und ich schreibe jeden Tag.
Anstatt zu denken, was ich sag,
schreib ich, was ich mag.

Ich schreib dir ein Gedicht oder ein Liebesbrief,
ich lese Rilke, Hesse, Salinger und Ringelnatz
auch für Bestseller, Biografien und Fachbücher ist bei mir genug gefüllter Platz.
Bücher sind für mich ein wahrer Inspirationsschatz.

Ich verliere mich darin
und find dann wieder, wer ich bin.
Doch das, was ich selbst bisher zu Stande brachte,
bei Niemandem und bei mir selbst keine Begeisterung entfachte.

Und obwohls mir hilft, mich von innen heilt und befreit vom schweren Gedankenballast,
ist es mir doch hin und wieder eine Last.

Ich machs ja gerne, keine Frage.
Ich zwing mich zu nix und wenn ich nicht mehr will, dann leg ichs einfach still.
Mein Problem ist keinesfalls mein fehlernder Schreiberwille,
sondern vielmehr die darauffolgende Stille.

Während ich schreibe, durchlauf ich einen Prozess, einen Wandel, von vornherein weiß ich nie was daraus entsteht oder wie es weitergeht.

In mir ist es ganz laut, während ich schreib,
es ist sicherlich mein sinnvollster Zeitvertreib.

Doch die Stille dannach, wenn all die Wörter aus mir rausgeflogen sind und ich hinterher,
fühl ich mich manchmal leer und zugleich schwer.

Dann frag ich mich ganz leise und heimlich,
warum erscheint mir alles was ich tue so kleinlich?
Und ich höre aus dem Wohnzimmer dein lautes Lachen,
über Sheldon Coopers Erwachen.
Frag mich, wieso kannst du dieses Ding nicht mal ausmachen?

Ach könnt auch ich dich so für mich begeistern,
hätt ich bloß auch soviel Witz und Charme in meinem Eigenwahn.
Und würdest du dich auch mal mit mir so lang beschäftigen wollen, wie mit dem W-lan.

Doch mir scheint ,ich komm weder an dich, noch an jemand anderen ran.
Keines meiner Wörter zieht jemanden in seinen/meinen Bann.
Dabei schreib ich jeden Tag, ohne das ich muss,
mit Leidenschaft und Genuss.

Vielleicht ist jetzt damit Schluss?

Für Heute.
Mach dann Morgen wieder weiter,
eventuell bin ich dann schon etwas gescheiter
und eine Sprosse höher auf meiner (Karriere)Leiter.

Ich bin doch ein Fighter, mache immer weiter.

Und jetzt werd ich zu deinem Begleiter,
setz mich zu dir auf die Couch,
probier dein Heimkino auch mal aus,
vielleicht treibts die Leere in mir raus.
Jetzt lachen wir zu zweit,
über Sheldons peinliche Verlegenheit.



Montag, 24. Oktober 2016
Quarterlife-Crisis?
Ich hab ne Krise
so ne richtig fiese.

Ich, die im Leben kein Zuhause gefunden hab, werd vielleicht im Sterben endlich ankommen?

Ich bin machtlos und es ist abartig,
zu fühlen, dass hier in der Welt der Lebenden womöglich niemand das tragen kann, was mich Nachts nicht schlafen lässt, was mich mich selbst bis in die tiefsten Tiefen hassen lässt und was mich wegzieht in die Unendlichkeit.
Wenn niemals jemand mitträgt,
dann wirds mir bald zu schwer
und ich sehne mich immer mehr
nach Abwehr ohne Gegenwehr.

Prinzipiell schätze ich das Leben sehr
doch meines ist mir viel zu leer.

Das Zuhause in mir selbst,
das würd ich halt gern finden
Denn ohne es,
will ich mich nicht länger hier befinden.
Dann doch lieber leise und ganz heimlich hier verschwinden.