Schreiben als Antwort auf das Schweigen
Heut ist absolut nicht mein Tag...
Ich will schreiben, ganz viel schreiben gegen die Leere, die Stille und das Schweigen.

Das ist meine Passion, meine Leidenschaft, ich erkenne Potential in mir, weil es oft das Einzige ist, was ich noch gerne mach.

Mit Wörtern spielen, reimen und Gedanken filetieren. Mir Sätze zuwerfen, Anekdoten, Sprichwörter, Poesie, Metaphern, Vergleiche, schwierige Bereiche, Alliterationen, Ironie und Anaphern usw...
Ich spiele gern damit, auch wenn ich die Kunst nicht gut beherrsche, es macht mir Spaß mich völlig verquer auszudrücken, ich will lernen.
Hab etwas gefunden, was ich gerne mach und was mir jederzeit, an jedem Ort, in jeder Laune zur Verfügung steht. "Ich habe Luft in meinen Lungen, Papier und Stift, mehr brauch ich nicht. "

Das sind meine Texte, meine Wörter, mein höchstes Gut ist mein eigener Inhalt und dessen Beständigkeit.
Im Gegensatz zu Herz, Seele und Körper ist mein Kopf niemals leer.
Gefüllt voller Ideen, die ich leider zu selten umsetze, voller Geschichten und Gedanken ohne Schranken.
Und wenn du mal kurz austrittst, um zwischen den Zeilen zu lesen, dann findet sich dort immer ein bisschen Melancholie, gepaart mit tragischer Komik, eingesetzt mit Müdigkeit in meine Wortwahl.
Ich will schreiben.

Ich schreib die ganze Fahrt hindurch im Zug, will garnicht aussteigen, um den Satz noch zu beenden, damit er mir nicht verloren geht. Ich schreib den ganzen Tag, von morgens früh bis spät nach Mitternacht.

Ich schreib über Herzen und über Schmerzen, ich will schreiben mein Leben lang über Alles, was mich bewegt und auch über das, was ganz unscheinbar in der hintersten Ecke meiner Gefühlswindung steht.
Bald ist das nächste Buch schon voll, doch mein Kopf wird niemals leer, es kommt immer, immer mehr.

Expressives Schreiben, Verarbeitung durch Schreiben. Ich meine durchs Schreiben widerstandsfähiger zu werden. Ich lasse einen ganz persönlichen, inneren Teil von mir nach außen.
Durch Schreiben zieh ich mich aus, dreh ich mich auf links, gebe Einblicke in mich. Ich öffne mich, meine verschlossenen Schubladen leg ich offen, vielleicht kann ich das nur so, vielleicht will ich das nur so.

Das Scheiben ist Teil meiner Selbsthilfe, ich weiß nicht genau warum und wie es mir hilft, aber ich habe das Gefühl es stärkt mich, gibt mir etwas wieder, vermittelt mir das Gefühl etwas zu erschaffen, wenn auch nur geringfügig.
Es hilft mir meine Angst etwas zu zähmen, lässt mich Halt suchen und Halt finden. Ein Stück reine Menschlichkeit, oft voller Verzweiflung auf Papier in Schwarz auf Weiß oder auf der Tastatur.
Buchstaben ergeben Wörter, Wörter ergeben Sätze, Sätze ergeben Texte, Texte ergeben Geschichten und Kapitel und Bücher und Leben und im Leben stecken Gefühle und Reize und noch soviel mehr, was etwas auslösen kann.
Es ist doch beruhigend zu wissen, dass man etwas bei anderen auslösen könnte, sei es auch nur ein Gedanke und sei er noch so klein, vielleicht kann Jemand für sich etwas draus ziehen oder etwas draus lernen.
Schreiben ist meine Poesie, meine Waffe, mein Ausdruck von Kummer, auch wenn er mir oft unausdrückbar und schleierhaft erscheint.

Ich erstelle etwas mit meinen eigenen Händen, mit meinem eigenen Denken und ganz theoretisch sind Teile dieses Etwas sichtbar für jeden Menschen auf dieser Welt. Allein der Gedanke daran hat irgendetwas, das mir etwas gibt.
Ich hab zwar wenig Ahnung vom bloggen, von Socialmedia,von diesen Formaten, vom Posten oder davon, sich etwas in diesem Rahmen "groß" aufzubauen, ganz abgesehen davon sind meine Texte/Inhalte sicherlich nicht sehr lesenswert.
Das ist einfach nur mein Ausdruck, mehr nicht, außerdem voller Zweifel zwischen den Zeilen.

Doch Sprache und Wörter sind etwas, dass mir immer zur Verfügung stehen wird, ich bin dankbar dafür, mich durch Sprache ausdrücken zu können, sprechen und schreiben und lesen zu können, aufnehmen, aufsaugen, und ablegen/abgeben können.
Dies bewirkt bei mir so ganz automatisch ein gewisses Ertragen so mancher Zustände. Teilen, ja das Teilen, irgendwie daran Anteil nehmen lassen können, vielleicht ist es das.
Ist es einmal im Netz geht es nie wieder weg. Einmal aufgeschrieben, ist ganz schwer wieder auszuradieren und einmal gespeichert und dann vergessen, liegt es vielleicht noch Jahrzehnte nach mir in irgendeiner Schublade eines alten Schreibtisches und wird wiederentdeckt von Menschen im Jahre 2365. Wer weiß das schon.

Ich breche mein Schweigen durch Schreiben. Lindere meine Angst, senke die Intensität meiner Empfindung, konfrontriere mich mit zentralem Leid, und lenke mich gleichzeitig dadurch von dessen ab.
Einmal aufgeschrieben, hilft es mir anschließend weniger darüber zu grübeln, ich habs ja schließlich konserviert, muss keine Angst mehr haben etwas davon und so von mir zu verlieren.
Ich will mich schließlich finden und nicht auf halber Strecke verlieren.

Wenn ich schreibe, gebe ich ganz offen zu, was mir weh tut und mich beschäftigt, ich bin knallhart ehrlich, ich schreibe wie ich wahrscheinlich niemals reden könnte. Eine andere Seite von mir, deckt das Schreiben bei mir auf.

Ich kann dadurch ganz viele neue Einsichten gewinnen, Zusammenhänge besser erkennen und die Perspektive wechseln.
Meine Blickrichtung ändern, mir eine Meinung bilden über Dinge, zu denen ich vorher keine Meinung hatte, ich kann andere Menschen und Sichtweisen einbeziehen und in Beziehung treten.
Schreiben kann soviel bewirken, es ist ein kleiner Anker für mich in meiner Not, genial phänomenal.

Beim Schreiben, so eine Theorie, sortieren wir lose Fragmente von Eindrücken, Gefühlen und Gedanken und fügen sie zu einer schlüssigen Geschichte zusammen. Ein kompaktes Narrativ entsteht. Eines, das den Geschehnissen Sinn verleihen und sie in die Lebensgeschichte integrieren kann. Lose Fäden werden dabei so verschnürt, dass sie den Geist nicht mehr immerzu beschäftigen. Menschen verfangen sich dann weniger in Grübelschleifen und werden seltener von Erinnerungsfetzen gequält, die sie mühsam unterdrücken müssen. Ein kohärentes Gedankenpaket kann der These zufolge leichter im Gedächtnis abgespeichert werden, und das setzt kognitive Ressourcen frei. Studien deuten darauf hin, dass in den Wochen nach dem therapeutischen Schreiben das Arbeitsgedächtnis entlastet und damit leistungsfähiger wird. Das Denken wird offenbar befreit. Und auch das soziale Miteinander scheint aufzublühen.

Die eigenen Gefühle ausdrücken zu können öffnet Menschen für andere. Viele, die etwas Schreckliches erlebt haben, verschließen sich und ziehen sich zurück. Wer für sich selbst ein Narrativ gefunden hat, wer das Unsagbare doch sagen kann, der kann auch seinen Mitmenschen davon erzählen. Er kann aus der Einsamkeit ausbrechen und seine Erfahrung teilen. Diese Wirkung ist sogar messbar – dank einer Erfindung des Psychologen Matthias Mehl von der University of Arizona. Mehl hat einen kleinen Audiorekorder entwickelt, mit dem er Alltagskommunikation erforscht, also das, was Menschen den lieben langen Tag von sich geben. So fand er heraus: Nach dem Schreiben verbrachten Probanden wesentlich mehr Zeit mit anderen. Sie sprachen mehr mit ihren Freunden, gaben sich dabei optimistischer und benutzten häufiger das Wort "wir" statt "ich". Man könnte sagen, sie hatten sich der Welt zugewandt, waren ins soziale Leben zurückgekehrt.

James Pennebaker jedenfalls ist überzeugt, dass das Schreiben auch hilft, weil es Menschen von ihrem Problem befreit und sie damit wieder empfänglich macht für die Belange ihrer Umwelt: "Sie sind in der Lage, ein besserer Freund zu sein."

Aus: James Pennebaker: Heilung durch Schreiben. Ein Arbeitsbuch zur Selbsthilfe. Huber Verlag Silke Heimes: Schreib dich gesund. Übungen für verschiedene Krankheitsbilder. Vandenhoeck & Ruprecht Verlag



Das klingt doch echt super. Ich hätte selber nicht gedacht, das Schreiben so wertvoll sein kann.
Also drückt euch doch auch mehr aus wie einen nassen Schwamm und bringt den Inhalt zu Papier oder haut es einfach in die Tasten rein. Viel Spaß dabei.

Gefühle auf Papier,
zwischen dir und mir
liegt dieses Papier.
Ohne es wären wir jetzt nicht hier.
Könnten uns jetzt nicht in die Augen sehn,
dabei versuchen uns gegenseitig zu widerstehn.
Gefühle auf Papier
bewirkten bei dir und mir
ein gemeinsames WIR.